Gasthof “Scherenkrug” (abgerissen 2017)

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Aus dem Jahr 1607 datiert die erste Erwähnung eines Bierausschanks an dieser Stelle. Wilde Söldnertrupps, die plündernd von Lippe nach Preußen zogen, hatten sich wohl verrechnet – damals im 30-jährigen Krieg von 1618 bis 1648. Auf der Landstraße nach Bielefeld, wo später der Scherenkrug stand, gab es seinerzeit wenig Alkohol, dafür aber viele Schafe. Ein Schäfer lebte in diesen Jahren mit seiner Familie auf der “Scharpfenschere” und versorgte die Schafe der umliegenden Höfe und vor allem die seines Dienstherrn auf Gut Niederbarkhausen. Eine seiner wichtigsten Aufgaben war es, die Schafe der ganzen Gegend zu scheren. Daher stammt offenbar auch der Name Scherenkrug.

Erst im Jahr 1721 erhielt der Krug die Kruggerechtsame von der lippischen Regierung. Doch schon vorher habe es hier wilde Zechereien, handfeste Schlägereien und Gerichtsprozesse gegeben. So steht es in historischen Protokollen. Das alte Hofgebäude lag allerdings noch nicht an der Stelle des heutigen Scherenkrugs, sondern einige Meter weiter Richtung Helpup. Die Gäste waren Bauern aus der Umgebung und Fuhrleute, die Rast machten und ihre Pferde hier versorgten. Aber der alte Gasthof war im Laufe der Jahre so baufällig geworden, dass ihn der Eigentümer von Gut Niederbarkhausen, Friedrich Ludwig Tenge, abreißen und das Gasthaus an der heutigen Stelle errichten ließ – am Kreuzungspunkt der Chaussee Lage-Bielefeld mit der Landstraße Schötmar-Oerlinghausen.

Revolution am Krug

Im Revolutionsjahr 1848 tauchten am Gut Niederbarkhausen Revolutionäre aus Rietberg auf, um beim Gutsherren Tenge-Rietberg für mehr Demokratie zu protestieren. Grester und Helpuper Bauern wollten sich einmischen. Doch als sie am Scherenkrug anrückten, waren die Demonstranten bereits verschwunden. Immerhin habe es statt der Prügelei einen kräftigen Umtrunk gegeben, so steht es im behördlichen Protokoll.

Bereits einige Zeit zuvor hatte es einen prominenten Zuzug gegeben. Der junge Leinenhändler Carl David Weber aus Bielefeld fand 1849 im Scherenkrug einen ersten Unterschlupf und eine Wohnung, weil er dem preußischen Militärdienst entgehen wollte. Einige Jahre später kaufte er an der Detmolder Straße in der Dorfgemeinde Oerlinghausen das Haus des Arztes Meyer. Die Leinenmanufaktur startete er dann ebenfalls in Oerlinghausen. Seine Enkelin Marianne allerdings, die später eine der bekanntesten deutschen Frauenrechtlerinnen werden sollte, wählte sich den Scherenkrug für ihre Hochzeitsparty aus: Sie heiratete dort im September 1893 den berühmten Soziologen Max Weber. Ein schönes Fest habe “auf dem Saal” stattgefunden, so heißt es in alten Unterlagen. Der Scherenkrug, verkehrsgünstig an der Kreuzung der alten Reichsstraße mit der Chaussee Schötmar-Oerlinghausen gelegen, gehörte Adolf Gronemeyer. Er pries außer den „Logiszimmern“ seinen Festsaal, seine Kegelbahn und als Besonderheit eine „öffentliche Fernsprechzelle“ an.

Desweitern hat Mitte des 19. Jahrhunderts der deutsche Textilunternehmer Carl David Weber (* 17. April 1824 in Bielefeld; † 21. Juli 1907 in Oerlinghausen) mit seiner Frau Marianne (geb. Niemann) zur Miete im Scherenkrug gewohnt. Für etwa zwei Jahre hat er im Scherenkrug Unterschlupf gefunden. Der junge Carl David Weber aus Bielefeld zog 1849 mit seiner Frau – die ebenfalls Marianne hieß – hierher, um nicht in Preußen zum Militärdienst eingezogen zu werden. Bei Eis und hohem Schnee kam im Februar 1853 ihre zweite Tochter Hertha Weber in der Mietwohnung im Scherenkrug zur Welt. Vater Carl David gelang es kaum bei dem dichten Schneetreiben rechtzeitig zur Entbindung dabei zu sein. Auch wurde hier wohl eine Verlobungsfeier seines Bruders Max gefeiert.

Der Dichter Ferdinand Freiligrath

Hermann Ferdinand Freiligrath (sprich: Freiligrat oder Freilichrat, * 17. Juni 1810 in Detmold im Fürstentum Lippe; † 18. März 1876) war ein deutscher Lyriker und Übersetzer. Am Morgen des 20. Juli 1869, reiste eine illustre Gästeschar in der Begleitung Freiligraths, darunter auch Julius Wolff und Albert Träger, über Asemissen und Lage nach Detmold. Unterwegs rastete man unter Eichen in der unmittelbaren Nachbarschaft des historischen Scherenkrugs. Wie in Bielefeld wurde Freiligrath unterwegs und natürlich in seiner Geburtsstadt Detmold enthusiastisch gefeiert.

Die ereignisreiche Fahrt von Bielefeld nach Detmold mit dem gefeierten Dichter regte Wolff zu einem achtstrophigen Gedicht an, das der gemeinsamen Rast im Schatten eines Eichenwäldchens nahe dem Scherenkrug und damit „auf der Schwelle der Heimath“ seinen Titel „Unter den Eichen“ verdankt. In diesem Gelegenheitsgedicht schlägt er den Bogen von der mitgeführten und am ersten Wagen aufgesteckten amerikanischen Flagge als dem Symbol der Freiheit,

Wir fahren unter stolzer Flagge Schutz,
Das Sternenbanner weht, – wem weht’s zum
Trutz?

über den Willkommenstrunk nach so langer Zeit erstmals wieder auf heimatlichem Boden unmittelbar nach dem Passieren des Grenzsteins mit der lippischen Rose,

Jenseits des Steines aber haltet Rast
Zu einem Umtrunk, Einer dann als Sprecher
Kredenzt ihm hier den ersten vollen Becher
Nach dreißig Jahren wieder; sonder Hast
Das heiße Herz ihm jeder Tropfen kühle,
Und wie des Lethes sanfte Welle spüle

Der Willkommenstrunk von ihm der Jahre Last,
Daß ihn der Jugend Morgenglanz umweht,
Wenn auf der Schwelle er der Heimath steht,
Kein Fremdling, nein! zu Haus sein eigner Gast.

dem leichten Unfall ohne Folgen, dessen Fazit

Denn Räder brachen nur, nicht Hälse auch.

nicht ganz der unfreiwilligen Komik entbehrt, hin zum weiten Blick in die Ferne, wo auf der Grotenburg das noch nicht fertiggestellte Hermannsdenkmal zu sehen war. Im Jahr 1869 lief im Garten des Scherenkruges eine außergewöhnliche Wiedersehensfeier. Der bekannte Dichter Ferdinand Freiligrath trank hier seinen ersten Becher Wein auf lippischem Boden, als er nach 20-jähriger Verbannung aus England zurückkehrte. Die Freunde des aus Detmold stammenden Dichters hatten gesammelt und für ein Willkommenstreffen gesorgt. Freiligrath blieb jedoch nicht lange in Lippe, sondern übersiedelte recht bald ins schwäbische Cannstadt.

Die Exemplare der Harz-Zeitung und auch das Gedicht sandte Wolff unverzüglich nach Stuttgart. Freiligrath dankte ihm am 17. August 1869 mit warmen Worten für den „trefflichen Festbericht“ und rief die schönen gemeinsamen Tage in Bielefeld und im Lippischen noch einmal in Erinnerung; dabei versäumte er nicht, Julius Wolff seiner hohen Wertschätzung zu versichern. Vermutlich hatte er diesem bei der Gelegenheit das Porträtfoto mit handschriftlicher Widmung „Für Julius Wolff, zu freundlicher Erinnerung 1869, F. Freiligrath“ übermittelt, wofür sich der Beschenkte wenige Tage später freudig bedankte und sein Konterfei in Aussicht stellte. Auch in späteren Briefen kam Freiligrath auf die schöne Zeit in Ostwestfalen-Lippe zurück, sprach sich voll des Lobes über das Gedicht „Unter den Eichen“ und dessen gelungene volkssprachliche Wendungen aus. Besonders das Datum des Briefes an Wolff vom 30. November 1869 erinnerte ihn wehmütig an seine Jugendzeit, denn gerade an diesem Tage begann in Detmold traditionsgemäß die Andreasmesse, eine bei Jung und Alt beliebte Kirmes („Up Andreas-Misse kümp de Winter gewisse, sagt das Volk“). Da sah er sich „in Gedanken unter die Eichen des Scherenkrugs zurückversetzt“ und dokumentierte damit zugleich, welche Wirkung die aus der Situation geborenen Verse bei ihm hinterlassen hatten.
Quelle: „Über den Patriotismus die Menschlichkeit! Ferdinand Freiligrath und Julius Wolff” von Detlev Hellfaier

Freiligrath-Eiche

Gutsbesitzer Alfred Tenge ließ zu Ehren des bekannten Dichters Freiligrath bei dessen Rückkehr aus England eine Tafel an der Eiche im Garten des Scherenkrugs anbringen. “Unter dieser würdigen deutschen Eiche wurde im Jahre 1869 Ferdinand Freiligrath nach Rückkehr aus 20-jähriger Verbannung in seinem Heimatland der erste Becher Wein kredenzt” stand darauf. Im Garten führte der Dichter der ersten demokratischen Bewegung Gespräche mit den Oerlinghauser Leinenhändlern Niemeyer und Becker, sowie mit dem Apotheker Melm. Im Jahr 1996 wurde die Freiligrath-Eiche gefällt.

Hitler im Wahlkampf

Doch nicht nur fröhliche Ereignisse erlebte der Scherenkrug im Laufe seiner langjährigen Geschichte. Auch ein Kapitel dunkelster deutscher Geschichte lief hinter seinen Mauern ab. Adolf Hitler trat hier Anfang Januar 1933 vor 5.000 Menschen in einem Zelt auf, um den Wahlkampf in Lippe für sich zu entscheiden. Nach Oerlinghausen traute er sich wegen der vielen Sozialdemokraten nicht, denn dort hatten die Nazis oft Prügel bezogen. Doch unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen der SA hörten viele Hitler-Verehrer seiner flammenden Wahlkampfrede im Saal des Kruges zu.

Klavierspiel für Hitler

Er spielte den Badenweiler Marsch auf dem Klavier des Scherenkrugs, als Adolf Hitler 1933 auftrat – sein glühendster Verehrer, Asemissens Ortsgruppenleiter Richard Kassen. Er galt später als größter Denunziant und als Gewalttäter im Ort. Nach dem Einmarsch der Amerikaner 1945 wurde “Kassen-Blitz” gezwungen, sich hoch auf einem Panzer der Alliierten den Dorfbewohnern zu präsentieren, bevor er zur Entnazifizierung ins Lager Staumühle kam.

Granatenbeschuss

Die anrückenden Alliierten beschossen in den letzten Tagen des zweiten Weltkriegs von der Senne aus die Verteidiger auf dem Tönsberg. Viele Granaten verfehlten ihr Ziel und schlugen in der Umgebung des Scherenkrugs ein. Doch die Gaststätte blieb unbeschädigt. Brandgefährlich wurde es noch einmal als das letzte deutsche MG-Nest vom Tönsberg herab am ersten Ostertag 1945 mit Leuchtspurgeschossen auf die amerikanischen Truppen am Scherenkrug hielt. Auch hier blieb der Gasthof unversehrt.

Aufbruchstimmung . . .

herrschte überall nach dem Krieg. Es waren schöne und lustige Jahre im Scherenkrug. Die Menschen aus Oerlinghausen und Asemissen besuchten oft die Tanzveranstaltungen. Die legendären “Blau-Weißen-Nächte” des TuS Asemissen hatten riesigen Zulauf. Erntedankfeste, Familienfeiern, Schulabschlüsse, Wiedersehensfeiern – ein großer Teil des gesellschaftlichen Lebens spielte sich hier ab. Wirt Ritzenhof war eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Umgebung. Bis in die 70er Jahre sei er einer der beliebtesten Speisegasthöfe in der Region gewesen, war 1987 in der Tageszeitung zu lesen. Seine Blütezeit habe der Scherenkrug unter den Eheleuten Ritzenhoff erlebt, die das Haus jahrzehntelang gepachtet und als Restaurant geführt haben.

Rotlichtmilieu

Doch mit zunehmendem Verkehr auf der Straße, kamen letztlich immer weniger Gäste in die Gaststube und den Biergarten. Der Verkehr innerhalb des Hauses allerdings nahm deutlich zu. Doch dann änderten sich Angebot und Gästeklientel: Noch in den 80er Jahren zog die “Palm Beach Bar” in das Haus an der Bundesstraße ein. Ein Casino kam hinzu, das zusammen mit dem Etablissement betrieben wurde. Der Saalanbau des ehemaligen Gasthofes diente in der Zeit als Lagerhalle. Die Legende erzählt von drei angetrunkenen Oerlinghausern, die auf der Suche nach käuflicher Liebe offenbar zu wenig Geld ausgeben wollten. Alle Damen sollen vereint über die Drei hergefallen sein, so dass das Trio sich fluchtartig in Sicherheit bringen musste.

Das Ende

1989 erwarb die Gemeinde Leopoldshöhe die Immobilie von Hermann Diekhof. Sie brauchte dringend Räume, um die Aussiedler unterzubringen. So wurde das Gebäude 1989 und im Folgejahr zum Übergangswohnheim für 92 Personen umgebaut. Später diente es als Asylbewerberheim. Nach vielen Umbauten zogen fast 100 Aussiedler aus Russland hier ein, die in Leopoldshöhe eine erste Unterkunft gefunden hatten. Doch nach und nach übersiedelten die Bewohner in andere, schönere Wohnungen, und der Scherenkrug leerte sich. Das seit 2011 unbewohnte Gebäude steht unmittelbar auf dem Gebiet, auf dem ein großer Verkehrskreisel der Bundesstraße 66 gebaut werden soll. Das Ende und der Abriss des renommierten Scherenkrugs sind absehbar.
Quelle: nw-news.de


Was aber bleibt, sind auch viele Geschichten, die sich um den Scherenkrug ranken.

[Fotos aus dem Jahr 2012]

Hinter dem Gasthof liegt versteckt ein kleiner Spielplatz.

[Fotos aus dem Jahr 2014]


Update No1: Im Inneren

Durch einen seltsamen Zufall hatte ich die Gelegenheit den alten Gasthof von Innen zu besichtigen. Ich möchte dem “Schlüsselmann” ganz herzlich für seine freundliche und kolante Art und die Erlaubnis mich dort aufzuhalten bedanken. Der Zustand im Inneren ist gelinde gesagt “im Eimer”. Die letzte Nutzung als Asylbewerberunterkunft hat dem Gasthof sehr geschadet. Es wurden diverse neue, billige Wände eingezogen und nahezu 90% der alten Einrichtung entfernt. Einzige eine alte Holzvertäfelung ist erhalten geblieben. Die damaligen Bewohner haben diese mit Farbe und anderen “Dingen” beschmiert und viele der Wände eingetreten. Nachdem der Gasthof leer stand haben lokale Jugendliche dem Haus den Rest gegeben. Dennoch muss ich sagen, dass man mit einer Kernsanierung ein schönes Wohn- oder Gasthaus erschaffen könnte. Es ist sehr gross und bietet viel Platz für diverse Nachnutzungen. Der Abriss zugunsten einer besseren Verkehrsführung ist jedoch fast spruchreif.

[Fotos aus dem Jahr 2015]


Update No2: Abriss

Der Scherenkrug befindet sich seit Mitte August im Abriss. Laut eines Zeitungsberichtes “wird das Gebäude entkernt”. Ich bin kein Experte, aber durch meine Kontakte zur Bau- und Abrissbranche habe ich doch die ein oder andere Sache aufgeschnappt. Wichtig bei einem Abriss ist natürlich die Sicherung des Abbruchgeländes. Nicht nur um Diebstahl der Metalle, sondern auch das Verletzungsrisiko für “streundende Jugendliche” zu minimieren.

Als ich nun an einem Werktag den Scherenkrug besuchte staunte ich nicht schlecht. Der Bauzaun an der Einfahrt zum Gelände stand offen, also vermutete ich, dass noch Arbeiter auf dem Gelände sind. Ich dachte mir, dass es vielleicht eine gute Möglichkeit ist um nochmal in das Gebäude sehen zu können. Nun war im rückwärtigen Bereich kein Mensch zu sehen; Berge aus Sand, Schutt und metallischen Kabelkanälen versperrte die gesamte Rückseite. Jedoch waren sämtliche Scheiben entfernt worden und die Türen standen sperrangelweit auf und eine war sogar halb herausgerissen. Durch die Fenster war blankes Chaos sichtbar.

Nur Arbeiter waren weder zu sehen noch zu hören und ich vermutete sie im Inneren. Auch wenn kein Fahrzeug dort stand war ich mir sicher Arbeiter zu sehen. Ich rief also in das Gebäude und hörte… nichts. Ich betrat den Scherenkrug und rief erneut. Nichts. Ich war einigermassen sprachlos über die Tatsache, dass das gesamte Abbruchgelände ungesichert war. Hätte ich in der Zeitung nicht das Wort “entkernen” gelesen hätte ich auf Kabelratten getippt. Es wirkt wie ein Einbruch bei dem alles aus dem Gebäude gerissen wurde was wertvoll ist. Im Inneren sieht es aus als wäre eine Bombe explodiert. Decken halb rausgerissen, Türen und Fenster mal ausgebaut mal zerstört. Müll, Dreck und Schrott stapelt sich überall völlig wild auf. Es sieht nach roher Gewalt und nicht nach professioneller Arbeit aus.

Das einzig Gute war, dass man ohne die Rigips-Wände, die zur Zeit des Asylbewerberheimes eingezogen wurden, den grossen Saal und die originale Holzdecke wieder sehen konnte.

Auch ein wirklich spannendes Wandbild kommt Stück für Stück ans Tageslicht. Man erkennt den alten Scherenkrug, der 1845 errichtet wurde. Vor ihm spielen sich Szenen aus dem Alltagsleben dieser Tage ab. Man erkennt ein Pferdegespann, welches Weinfässer transportiert, trinkende Menschen und einige Soldaten.Daneben sieht man den aktuellen Scherenkrug in seiner Glanzzeit. Ich hoffe, dass noch mehr vom Rigips entfernt wird, so dass man das ganze Wandbild sehen kann.

Nun kann man sich vorstellen wie hier Menschen aßen, tranken und tanzten. Kurz vor seinem Ende zeigt der Gasthof kurz sein eigentliches Gesicht.

[Fotos aus dem Jahr 2016]


Update No3: Abriss Woche 6

In der sechsten Woche seit Beginn des Entkernens startet nun der eigentliche Abriss. Ein grosses Loch klafft im rückwärtigen Bereich und im Festsaal wurde bereits der Boden herausgestemmt.

[Fotos aus dem Jahr 2016]


Update No4: Abriss Woche 7

Nun geht der Abriss sehr schnell. Nichtmal eine Woche nach meinem letzten Besuch ist der grosse Saal auf einmal weg. Das Gute daran ist, dass das Wandbild nun unter freiem Himmel ist. So werden die Fotos besser als im Inneren. Leider ist der untere Teil noch mit Rigipsplatten verkleidet, so dass man die Szenen mit Menschen nicht erkennen kann. Es werde viele Versuche unternommen Teile des Scherenkruges zu retten. Fensterprofile wurden gesichert und auf Höhe des oberen Stockwerks an der Fassade wurden die markanten Portalbögen abgebaut. Angeblich sollen sie im Wasserpark Währentrup aufgestellt werden, was ich nicht glaube, da der Wasserpark aufgrund von Anwohnerbeschwerden geschlossen wurde. Insgesamt ist es traurig zu sehen, wie der alte Krug Stück für Stück zerstört wird. Ich denke, dass er in ein bis zwei Wochen verschwunden sein wird.

[Fotos aus dem Jahr 2016]


Update No5: Abriss Woche 8

Anfang der 8. Abrisswoche gibt es kaum eine Veränderung. Aber eine der Platten vor dem Wandbild wurde entfernt. Man erkennt nun eine Szene mit VW Käfer. Vielleicht kann im Laufe des Abrisses jedes Teil des Bildes einmal auf Foto gebannt werden. Ein paar Tage später habe ich mir noch ein letztes mal einen Eindruck vom Inneren gemacht und war überrascht. Man erkennt immer mehr “Originalsubstanz”. Alte Tapeten, Vertäfelungen und Türen kommen zum Vorschein. Sogar ein “Relikt” des Palm Beach Clubs sieht man wieder.

[Fotos aus dem Jahr 2016]


Update No6: Abriss gestoppt

Seit nunmehr 7 Wochen ruht der Abriss des Scherenkruges. Heute am Beginn der 15. Abrisswoche, gibt es nun die dazugehörige Information. Arbeiter haben Schadstoffe im Gebäude gefunden. Nun muss ein Konzept zu deren Beseitigung erarbeitet werden, bevor die Abrissarbeiten weitergehen können. Zunächst hatte sich die Arbeiten verzögert, weil eine Abbruchfirma wegen anderer Projekte nicht rechtzeitig anfangen konnte. Dann stellte sich heraus, dass der Landesbetrieb Straßen den Abrissantrag formal nicht korrekt gestellt hatte. Der Landesbetrieb ließ einen Fußweg hinter dem Gebäude bauen, um die Fußgänger zu schützen. Der Weg wird allerdings so gut wie gar nicht genutzt.

Inzwischen haben Mitarbeiter des Abrissunternehmens den Saal und einige Anbauten der Gaststätte abgerissen. Dabei stießen sie auf bei früheren Umbau- und Renovierungsarbeiten benutzte Materialien. „Sie fanden Asbest und einige andere Schadstoffe“. Ein Gutachter maß die Belastung. Sie bewege sich gerade oberhalb der zulässigen Grenzwerte. Deswegen müsse ein Abbruch- und Entsorgungskonzept erarbeitet werden. Erst wenn das vorliege, könne mit dem Abbruch des Gebäudes weitergemacht werden. Die Verzögerungen würden allerdings nicht den Beginn der Bauarbeiten für die B 66 gefährden. Zunächst müssten im kommenden Jahr die vorbereitenden Arbeiten, wie der Neubau der Wasserversorgung für Leopoldshöhe, abgeschlossen werden. Aber auch deren Beginn sei nicht gefährdet.
Quelle: lz.de


Update No7: Abriss geht weiter

Über ein halbes Jahr nachdem aufgrund von Schadstoffen der Abriss des Gasthofes auf Eis gelegt wurde, beginnt nun eine andere Firma die belasteten Baumaterialien wie Asbest aus dem Gebäude zu entfernen. Interessant ist im Zuge eines Abrisses immer die hervortretenden Teile der originalen Bausubstanz. Durch den fehlenden Saal fällt nun Licht in den Keller, der grösser ist als man meint. Hier ist alles Original bis auf die Heizung.

[Fotos aus dem Jahr 2017]


Update No8: Wandbild weiter freigelegt

Anfang Juni 2017 ist wie durch ein Wunder eine weitere Verkleidungsplatte abgefallen. Das Wandbild ist nun fast vollständig freigelegt. Nun erkennt man ein Banner mit der Aufschrift “Scherenkrug” in Fraktur, darunter “Gustav Ritzenhoff ab 1926” gefolgt von zwei prachtvollen Wappen. Eines ist das des Kreises Lippe und eines ist ein Fantasiewappen. Es besteht aus dem alten Oerlinghauser Stadwappen (oben rechts), dem Wappen der Grafschaft Ravensberg (unten links), einem Bierkrug auf blauem Grund (oben links – wahrscheinlich als Zeichen für die Gaststätte) und einem Baum, der wahrscheinlich die Freiligrath-Eiche darstellt (unten rechts). Links und rechts der beiden Wappen steht auf einem Banner geschrieben:

“Tages Arbeit – Abends Gäste … Saure Wochen – Frohe [Feste]”

Dies ist ein Zitat aus der Ballade “Der Schatzgräber” von Johann Wolfgang von Goethe, geschrieben im Mai 1797.

Weiterhin erkennt man nun drei Jäger und Weinranken und Weinreben.

Leider fehlt noch immer ein Teil des Wandbildes. Ich hoffe auf viel Wind.

[Fotos aus dem Jahr 2017]


Update No9: Abriss Endspurt

Auf einmal ging alles ganz schnell am Scherenkrug. Am Wochenende war ich noch vorort und drei Tage später steht nur noch das Erdgeschoss. Das Wandbild ist bis auf das weiterhin verdeckte Teil komplett zerstört. Ich hoffe darauf, dass im Zuge des Abrisses die letzte Platte noch fällt.

[Foto aus dem Jahr 2017]


Update No10: Wandbild freigelegt und weggerissen

Mannmannmann… da kommt man glatt ins Schwitzen.

Gestern sah es so aus, als würde der letzte Teil des grossen Wandbildes undokumentiert abgerissen werden, doch es kam anders. Ich bekam gestern abend eine eMail mit Fotos des bissher verdeckten Restes (dafür nochmal ein dickes Dankeschön). Ich hatte gehofft, am Wochende gute Fotos machen zu können, falls es noch nicht abgerissen wäre, aber durch die eMail gestern wurde es zu einer Prä-Arbeits-Aktion. Als ich dann heute morgen, eigentlich vor Beginn der Abriss-Arbeitszeiten, am Scherenkrug eintraf, war im Vergleich zu gestern wieder ein kleines Stück vom Wandbild verschwunden. Welch ein Ärger… Aber bis auf einen ganz kleinen Teil eines Fasses vor dem alten Krug haben wir nun gemeinsam das gesamte Wandbild im Foto festgehalten. Das komplette Panorama findet ihr hier unten in der Galerie.

Man erkennt nun eine Bäuerin, die Wasser pumpt, Gänse und ein Karnickel. In der Kutsche mit dem kleinen Wappen der Grafschaft Ravensberg ganz rechts sitzt eine kleine Hochzeitsgesellschaft, wie man sie wohl oft am Scherenkrug antraf. Hier war sei Jahrhunderten ein Treffpunkt vieler Generationen.

Signiert ist das Wandbild mit:

Prof. E. Seng
Sept. 1952

Professor Ernst Seng war unter anderem als Lehrer für Kunstunterricht in Oerlinghausen tätig. Viel ist war nicht weiter über Ernst Seng bekannt, man findet in vielen regionalen Zeitungen, historischen Publikationen oder Schulbüchern immer mal wieder Zeinungen oder Bilder aus seiner Hand. Man könnte ihn als durchaus als einen rehionalen Künstler und Lehrer bezeichnen. Es ist daher nicht verwunderlich das er als Lehrer einen Spruch von Goethe mit als Leitmotiv für das Wandbild verwendet hat.
Quelle: vergessene-heimat.de

Nach neuerlichen Forschungen lichtet sich der Nebel um diese Person. Ja er war grob gesagt Lehrer; jedoch nicht so wie wir es vermutet haben. Studienrat Ernst Seng war Mitte der 1930er Jahre Gauamtsleider des NSLB (Nationalsozialistischer Lehrerbund) Essen. Ein Gauamtsleiter  war in den meisten Fällen schon vor 1933 in der NSDAP vertreten und Hitler persönlich bekannt – sie wurden auch deswegen von ihm ausgewählt. Auf diesem Bild ist Ernst Seng als Gauamtsleiter 1934 und im Oerlinghauser Lehrerkollegium des Progymnasiums der 50er Jahre zu sehen.

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Seng hatte seinen Professorentitel, den er für seine Funktion im Kulturwesen der Nazis verliehen bekam, in die neue Zeit hineingerettet. Er gab Deutsch, Latein und Kunst. Doch alle seine Schüler erhielten eine astreine völkisch-nordische Gesinnung vermittelt – mit der perfekten Beherrschung der germanischen Sagengestalten und Gottheiten. Sengs Frau Else stammte ebenfalls aus einer hochrangigen Nazi-Familie. Scheinbar ist sie die Tochter des deutschen Physikers “Georg Joos”. Ein Foto aus dem Jahre 1934 zeigt Else Seng auf der Trauung eines Gauleiters in unmittelbarer Nähe von Adolf Hitler.
Quelle: Schularchiv Oerlinghausen

Das Wandbild ist seit heute nicht mehr vorhanden. Die Tage des Generationen-Scherenkruges sind endgültig vorbei. An dieser Stelle wird es in Zukunft nie wieder geselliges Treiben geben. Das gesamte Areal wird dem Verkehr gewidmet.

[Foto aus dem Jahr 2017]


Update N11: Abriss Endspurt No2

Der Abriss des Scherenkruges liegt in den letzten Zügen. Vom Erdgeschoss stehen nur noch zwei Aussenwände. Eine der Wände neigt sich gefährlich in Richtung Gehweg. Ehrlich gesagt ist die gesamte Baustelle sehr chaotisch. Überall sind Schutt- und Erdhaufen, Stahl- und Stahlbetonträger wurden auf jedene Hügel geworfen. Die Bauzäune sind teilweise zur Strasse hin unter Schutt begraben. Ich denke, dass in eienr Woche hier nur noch Bäume stehen. Imposante Bäume um die es ebenso schade ist, wenn sie verschwinden.

Einen Tag später türmt sich ein gewaltiger Berg aus Holzresten auf dem Gelände auf. Ich habe noch ein paar Fotos aus erhöhter Position und ein kurzes Video erstellt. Ein kurzes Luftanhalten gab es als der Bagger beinahe zum Keller durchgebrochen wäre.

[Foto aus dem Jahr 2017]


Wandbild in hoher Auflösung

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Dieses Panoramafoto des Wandbildes ist nun komplett. Ich werde im Laufe der Zeit vermehrt Retuschen an dem Panoramabild vornehmen. Ich möchte die Leiste und die kapuuten Stellen darunter komplett entfernen. Ebenso die Löcher der Dübel. Desweiteren werde ich versuchen verschmierte oder durch die Witterung abgeblätterten Bildteile zu erneuern. Also schaut immer mal wieder auf die deviantArt-Seite.

Inhaltlich ist es bereits vollständig. Ihr könnt das Wandbild in hoher Auflösung HIER AUF MEINER DEVIANTART-SEITE ansehen. Ebenso könnt ihr die Datei – 59,4 mb, 17521 x 4554 px, 72 ppi – zu privaten Forschungszwecken downloaden. Ich habe zusätzlich noch eine Schwarzweiss-Version mit erhöhtem Kontrast hochgeladen. Dies düfte das forschen ein wenig erleichtern. Eine öffentliche Verwendung ohne meine Erlaubnis ist nicht gestattet. Der Verein “Stammtisch Alt-Oerlinghausen” jedoch muss vor der Verwendung erst mal ganz lieb “bitte bitte” sagen.

[Foto aus dem Jahr 2017]


40 Antworten auf Gasthof “Scherenkrug” (abgerissen 2017)

  1. tilli

    wenn sie ein weiteres haus in Leopoldshöhe beim abriss beobachten wollen bitte sehen sie sich Möbel Fillis an.

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  5. Falk

    Hi, ersetze das Wort “Säfte” durch das Wort “Gäste”.

    Grüße Falk

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  10. tilli

    die frage sollte im Moment lauten. warum ruhen die Abrissarbeiten den jetzt.

  11. tilli

    ja das ist doch schön das der abriss per Camara aufgezeichnet wird.

  12. Lichtenthäler, Martin

    Der Vorgänger meint, “wo Neues kommt muß Altes weichen”. Das gilt selbstverständlich für den Scherenkrug-Neubau um 1840. Hier und heute gilt aber wohl mehr “Eine Zukunft als Kreisverkehr und Autobahn macht jede Vergangenheit überflüssig”.

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  20. tilli

    man sollte jetzt mal versuchen in den Festsaal zu kommen. es gibt noch ein schönes Wandbild, auch gibt es dort hinter der Decken Verkleidung teile einer Lampe und noch Ornamente aus holz. tja wollen mal versuchen Bilder vom abriss zu machen .

  21. tilli

    versuchen sie jetzt Bilder vom inneren zu machen. speziell im Festsaal Bild 31 ist hinter einer Verkleidung ein schönes gemaltes Bild. es hängt auch noch in diesem Bereich hinter der Decken Verkleidung noch eine alte Lampe und ebenfalls teile der originalen alten decke.

  22. Falk

    Kennst du die Trichtersperren oberhalb des Gasthofes?

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  24. tilli

    tja so ist es nun mal das alte muss dem neuen weichen. jetzt fangen sie an das innere zu entkernen. macht noch ein paar Bilder vom abriss.

  25. Die Tage des Scherenkruges sind gezählt, denn der Bund hat das einstige Gasthaus gekauft und will dieses nun für den Ausbau der B66 abreissen lassen:

    http://www.nw.de/lokal/kreis_lippe/leopoldshoehe/leopoldshoehe/20607706_Traditionsgasthof-verschwindet-Der-Scherenkrug-ist-verkauft.html

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