Diese Nervenheilanstalt ist etwas ganz besonderes.
Im negativen Sinne.
Ich kenne dieses Gebäude schon seit der Anfangsphase meiner Ruinensuche. Eigentlich war es der “Übergang”. Damals schon überregional als “Spukhaus” bekannt, hatte ich nie den Drang mich in die Schlange der vielen Besucher einzureihen. Das Gebäude war für mich kein “verlassener Ort” da ohnehin schon tausende Fotos durch Netz kursierten. Schon damals konnte man enorme Verwüstungen auf diesen Fotos sehen. Hakenkreuze, SS-Runen, Grafittis an den Wänden; das Mauerwerk aufgberochen von Kabeldieben; Fenster, Türen, Wände und sogar ein ganzer Balkon wurden eingetreten. Aus diesem Grund wollte ich schon damals nicht dorthin. Die Anwohner waren seit jeher ohnehin schon stark genervt.
Es viel mir dennoch schwer nicht doch dorthin zu fahren, weil es solch schöne und historische bedeutsame Fachwerkgebäude in der Gegend eher selten sind. Ich arbeitete die Geschichte auf, wälzte Bücher. Ohne je dort gewesen zu sein. Vor zwei Jahren wurde mir dann die Entscheidung es zu besuchen abgenommen. Die Anstalt brannte “spontan”. Wie mir ein befreundeter Feuerwehrmann berichtete scheint der Brand aus dem Jahre 2012 durch Teelichter entstanden zu sein. Es fällt verstärkt auf, dass “Urbexer” oft auf Teelichter zum Ausleuchten der Fotos zurückgreifen, da es “eine schöne Stimmung erzeugt”. Ein halbes Jahr später brannte die Ruine erneut.
Der Zustand ist aktuell mehr als desolat! Zu den teils vermauerten (und wieder aufgebrochenen) Fenstern, den riesigen Haufen Müll kommt nun noch die ausgebrannten oberen Etagen! Es ist einfach nur traurig. Hätten sich von 100 Besuchern 99 benommen wie es sich gehört, dann hätte man noch viel Freude an dieser historischen Stätte. Leider ist das “Urban Exploring” dabei sich in einen Unkultur zu verwandeln und daher muss ich dieses Objekt als Negativbeispiel anführen und brandmarke das Gro der Besucher als unfähig auch nur irgendetwas richtig zu machen.
Da ich beruflich in der Gegend zu tun hatte, führte mich mein Weg nun doch “aus Versehen” zur Nervenheilanstalt.
Das wird das erste und letzte mal gewesen sein.
[Fotos aus dem Jahr 2014]
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Hier eine chronologische Historie:
1153
erstmals urkundlich erwähnt
1791
Türgiebel mit Hausspruch wurde im Zuge eines Umbaus errichtet
1884
für die Anstalten für 90.000 Mark erworben
1886
nach Umbau als Pensionat für 15 nervenleidende Männer eröffnet
der Pensionspreis schwankte zwischen 1200 und 3000 Mark
1895
wurde hier wahrscheinlich das “Sedanfest” gefeiert
1906
umgebaut und erweitert mit Zentralheizung, elek. Licht, Veranda und gedeckten Balkons
1909
hielt sich der Urvater der Anstalten nach einer schweren Erkrankung 2 Monate dort auf
1914 -1918 (Erster Weltkrieg)
diente die Einrichtung als Lazarett für kranke oder alkoholkranke Soldaten
1919-1929
diente das Haus als Erholungsheim für Kriegswaisen und später für TBC-kranke Kinder eine Liegehalle wurde angebaut
1929
wurde es erneut als Heim für geistesschwache Männer genutzt
auch alkoholkranke Männer wurden versorgt
1939 (Zweiter Weltkrieg)
nimmt die Einrichtung erneut psychisch gestörte Soldaten auf
jedoch mussten die Bewohner das Haus nicht gänzlich räumen
1947
Alters-Heim mit Flüchtlingen und Vertriebenen aus den Ost-Gebieten
1950
erneute Aufnahme von psychisch kranken Männern
1970
wurde das Haus umgebaut und “aufgelockert” auf 58 Plätze aufgeteilt auf Einzel- und Doppelzimmern
1981
die hauseigene Werkstatt wird aufgegeben
1986
“Tag der offenen Tür” zum 100jährigen Bestehen
1990
Die Bewohnerzahl geht durch Umzüge in andere Häuser und Wohngruppen stark zurück
1992
noch 42 Bewohner im Haus
1993
im Haus wird nicht mehr gekocht. Das Essen kam nun aus der Zentralküche
1996
noch 26 Bewohner im Haus
1998
Schliessung der Nervenheilanstalt
2000
Verkauf des Hauses
2012
Brandstiftung in der Ruine
2013
Brandstiftung in der Ruine