Zeche “G” (teilabgerissen)

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Bereits 1501 begann man hier mit dem Abbau der Steinkohle. Als Zentralschacht für den östlichen Bereich des damaligen Steinkohlenreviers wurde zum Aufschluss der G- Sohle, der 251 m tiefe Schacht 1 von 1899 – 1902 abgeteuft. Der Schacht wurde als Rundschacht mit einem lichten Durchmesser von 5 m niedergebracht. Die feierliche Einweihung erfolgte am 08.12.1902 in Gegenwart des regierenden Fürsten, nach dem der Schacht benannt wurde. Neben dem Schacht mit Fördermaschinenhaus, dem Zechenhaus mit einer Waschkaue, sollten auf der gleichen Fläche noch Werkstätten, eine Kokerei mit Chemiewerk und ein Elektrizitätswerk errichtet werden können. Dafür hatte man ein 60 Morgen großes Grundstück erworben. Errichtet wurden die meisten der imposanten Backsteinbauten von den Firmen Behrens und Ackemann aus Obernkirchen. 1900 erfolgte der Gleisanschluss des Geländes, damit waren die Steinkohlenwerke an die Hauptstrecke der Reichsbahn angeschlossen.

Die Förderwagen am Schacht hatten 925 Liter Fassungsvermögen. Drucklufthämmer und Schüttelrutschen wurden erst nach 1910 eingeführt. Der Bau einer Waschkaue auf dem Schacht ab 1905 führte dazu, dass auch auf anderen Betriebspunkten diese Neuerung eingeführt wurde und die Bergleute nicht mehr „schwarz“ nach Hause gehen mussten. Untertage trug man besonders im Stollenbetrieb die sog. „Koalmüsse“ als Indiz des Einzigartigen und scheinbar Untypischen der bergmännischen Arbeit vor Ort. Diese weiße Stoffkappe diente dem Schutz der Haare gegen den Kohlestaub, sowie der besseren Sichtbarkeit untereinander und wurde bis in die Vorkriegszeit bei der Arbeit getragen.

Beim Erhitzen von Steinkohlen unter Luftabschluss entsteht Steinkohlengas, aus dem Wasser und Teer kondensiert werden können, während als Rückstand der Koks bleibt. Koks entsteht durch trockene Destillation der Steinkohle. Koks brennt rauchlos, reißt nicht, hat einen höheren Kohlenstoffgehalt und somit Heizwert als die Steinkohle. Außerdem ist Koks gut lagerfähig und neigt nicht wie die Steinkohle zur Selbstentzündung.

Ab 1897 lief die Planung zum Neubau einer Kokerei durch den Berginspektor. Eine Vermarktung auch der Nebenprodukte, könnte die Wirtschaftlichkeit erhöhen. Mit dem Teufen der Schachtanlage war allerdings klar, dass es zu einer Umlegung der neuen Kokerei in die Nähe der Schachtanlage kommen musste. Nach mehreren Versuchen entschloss man sich Koksöfen Gelände zu bauen.

Die Industrie-Architektur des angehenden 20. Jahrhundert sollte nicht nur funktional sondern auch repräsentativ sein. Ein absolutes Highlight auf diesem Gebiet stellte das Zechenhaus da, landläufig auch „Kohlenkirche“ genannt. Das Zechenhaus ist in den Jahren 1905 bis 1908 erbaut worden. Umkleide-Möglichkeiten gab es zumindest irgendwann auch bei den anderen Betrieben, aber in solch luxuriöser Bauart waren sie einzigartig. Ganz zentral, zwischen den Fordermaschinenhäusern 1 und später auch 2 lag das Zechenhaus. Das Konzept, hohes Mittelschiff für die Bekleidungs-Kettenzüge, flankiert von niedrigeren- weil sanitär genutzten Seitenschiffen ist für Industriebauten ähnlicher Funktion immer wieder verwendet worden und hat sich zum Teil bis heute bewährt. Betreten wurde die Waschkaue zum Schichtbeginn, durch das vierte Joch (von links) im Südschiff. Die fünften bis neunten Joche der Seitenschiffe waren durch Trennwände von der mittleren Kaue abgeschlossen. In den nördlichen fünf Jochen befand sich die Gemeinschaftsdusche für die Mannschaften, in den südlichen fünf – waren Badewannenkabinen für die Steiger. Stirnseitig links außen befand sich ein Flur mit angrenzender Lampenstube, durch den die Bergleute ihre Arbeitsplätze erreichten. Das hohe Mittelschiff hat einen nach unten offenen Dachstuhl aus schlanken Stahlprofilen. Im Dach befanden sich zu öffnende Klappen für die Belüftung. Vom Mittelschiff gelangte man nach rechts, über eine Treppe, durch eine Tür in den sechseckigen Flur der Verwaltung. Im Erdgeschoss hatten die Steiger einen Besprechungsraum.

Direkt an das Kauengebäude war die Verwaltung angebaut. Im Erdgeschoss waren Büros, sowie das besagte Steiger-Besprechungszimmer, der erste Stock beherbergte das Sekretariat und das Büro des Bergwerksdirektors. Im Obergeschoss waren nur einige Toiletten und kleinere Nebenräume, denn unter dem Mansardendach waren große Warmwasserkessel für die Kaue montiert. Aufheizung durch Dampf aus dem Kesselhaus. Der gesamte Gebäudekomplex, Kaue und Verwaltung ist unterkellert. Im Keller hatte die Grubenwehr ihre Räume und betrieb dort auch eine eigene Kompressoranlage zum Befüllen der Atemluft- Flaschen. Zu Kriegszeiten sind 2 Luftschutzräume unter dem Verwaltungsgebäude ausgebaut worden. Ab 1913 wurden die Werkstatthallen auf dem südlichen Geländeteil errichtet. Die drei zunächst gebauten Hallen waren mit einer Schmiede, der Schlosserei und einer Elektrowerkstatt dem Metallbereich vorbehalten. Später wurde dann noch die Tischlerei errichtet.

Ca. 60 m südlich von Schacht I wurde ab 1925 Schacht II abgeteuft. Dieser Rundschacht mit 4,5 m Durchmesser erreichte 1928 planmäßig die H- Sohle mit 353 m teufe. Das Fördergerüst war 32 m hoch und das Förderseil hatte 46 mm Durchmesser. Auch Schacht II erhielt ein Schachtgebäude, ca. 9 m über Grund und der Förderwagen- Umlauf von Schacht I wurde erweitert. Seit alters her wurden die Kohleflöze in der Kreidemulde mit Buchstaben unterschieden und bezeichnet.

Eines der größten Gebäude der Schachtanlage, weil immer wieder erweitert und umgebaut war die Kohlenwäsche. Die geförderte Rohkohle passierte erst ein Leseband, an dem die gröbsten Verunreinigungen entfernt wurden. Kleinere Anhaftungen wurden in der folgenden Wäsche abgespült. Verwendet wurde ein Wasser-Ölgemisch, welches gereinigt und wiederverwand wurde. Dann folgten eine Trockenstation und ein Sieb. Je nach Größe und Beschaffenheit wurde dieses Mittelprodukt an die Kokerei, oder das eigene Kesselhaus weitergeleitet.

Bereits Ende der 40er Jahre zeichnete sich langsam das Förderende im Revier ab. In Lüdersfeld sollte es ab 1950 weitergehen, dazwischen kam jedoch das „billige Erdöl“. Der Aufsichtsratsbeschluss der Preussag vom 28.03.1960 den Steinkohlen- Bergbau zum Jahresende gänzlich einzustellen, bedeutete:

  • die Stilllegung des Schachtes, und des Reviers,
  • die Stilllegung des gerade in Betrieb genommenen Schachtes “L”,
  • die Entlassung von insgesamt ca. 3000 tätigen Bergleuten und Handwerkern,
  • das Ende eines der ältesten Bergbauten auf Steinkohlen in Deutschland. Nach heutigen Erkenntnissen lagen die Anfänge bereits im 11. Jahrhundert.

Viele gut ausgebildete Facharbeiter sowie günstige Grundstücksangebote der Stadt waren die Gründe für Metallunternehmen hier Zweig-Niederlassungen anzusiedeln. Leider sind diese Niederlassungen auch schon wieder Geschichte und das Schachtgelände erlebte in den letzten Jahrzehnten geradezu eine Heimsuchung von Schrott-, Müll- und Recycling- Betrieben, so dass die Ruinen nur noch ein sehr entstelltes Bild der einstigen Pracht zeigen.

Mehrmals ist in den Jahrzehnten seit der Stilllegung daran erinnert worden, dass bei der Sicherung und Erhaltung von Archivalien des Bergbaus ein erheblicher Nachholbedarf besteht. Ein kleines Museum im ehemaligen Kraftwerk und / oder der Waschkaue blieb ein Wunschtraum. Wäre der Georgschacht ein paar Kilometer weiter westlich, in Nordrhein- Westfalen entstanden, wer weiß? – Vielleicht würde sich dem heutigen Betrachter des Geländes ein anderer Anblick bieten…

Zeittafel

1890 Erste Versuche zur Kohleverstromung auf dem späteren Schachtgelände
1897 Planung der Tiefbauanlage
1899 Grunderwerb für die Schachtanlage
1899-1902 Schacht 1 und Fördermaschinenhaus 1, Kesselhaus 1 und Kraftwerk,
erste Kokerei, Brunnenhaus und Wasserturm gehen in Betrieb
1900 Gleisanschluss
1902 Taufe der Bergwerkstadt
12.12.1902 Erster Kokereiofen wird gedrückt
1905 Erste Stromlieferung
1905-1908 Zechenhaus: Kaue und Verwaltung entstehen
1909 Baubeginn Werkstätten
1916-1917 Erste Kraftwerks- Modernisierung
1925-1928 Schacht 2 und Fördermaschinenhaus 2
1926 Kokerei- Modernisierung auf System Koppers, Essen
1929 Zweite Kraftwerks- Modernisierung
1930 Gasferndruckstation
07.04.1945 Amerikaner rücken vor
1946 Die G- Sohle wird unterirdisch mit Schacht “B” verbunden
28.03.1960 Aufsichtsratsbeschluss der Preussag über das Ende des Bergbaus zum Jahresende
16.07.1960 Arbeitsende der Kokerei

Quelle: Grimme Heft 28

Die meisten Gebäude wurden nach der Stillegung im Jahre 1961 abgerissen. Was heute (2010) noch steht, hinterläßt einen zwiespältigen Eindruck. Einige Werstattgebäude wurden saniert, die Kohlenwäsche vor nicht allzu langer Zeit gesprengt und der Rest der denkmalgeschützten Gebäude ist in ihrer abgeschiedenen Lage dem Verfall preisgegeben. Immer mal wieder verschwindet ein weiters Gebäude. Aktuell (2017) wird der grosse Wasserturm und somit eines der ältesten Gebäude abgerissen.

Hier nun die Neuauflage der Fotos. Ich habe auch Fotos hinzugefügt, die in sensibleren Bereichen, wie ein bewohntes Grundstück mit Wohnwagen, dem Bereich der Wasserbehälter und des Dachganges der Kohlenkirche oder das Dachgeschoss entstanden sind. Besonders sehenswert in meinen Augen sind die Kleinigkeiten: Der Zigarettenautomat, die Backsteinkunst an den Türen der Kirche, oder die “Katzenklappe” und die Holzschnitzereien an den Giebelfenstern.

[Fotos aus dem Jahr 2010]

2 Antworten auf Zeche “G” (teilabgerissen)

  1. Ludwig Kraus

    Der Autor des Heftes 28 bin ich, Ludwig Kraus.
    Karl- Heinz Grimme war ein Vereinskollege von mir.
    Was für die Biogasanlage gesprengt wurde, war der weiße Aufgabeturm der Koppers- Kokerei.

  2. Pingback: Neuauflage: Galerie Zeche „G“ | Auferstanden aus Ruinen

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