Heckrinder

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Das Heckrind ist eine in den 1920er-Jahren entstandene Hausrinderrasse.
Es ist nach den Brüdern Heinz und Lutz Heck benannt, die den Versuch der Abbildzüchtung aus verschiedenen Hausrindrassen wagten.

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Zur Geschichte

Fälschlicherweise wird das Heckrind oftmals auch als Auerochse oder Ur bezeichnet.
Das Heckrind ist vielmehr das Produkt des langjährigen Versuches, den 1627 ausgestorbenen Auerochsenrückzuzüchten.

1627- Es war das Ende einer stolzen Art. In den darauffolgenden 300 Jahren ruhte sie in Frieden – bis zwei deutsche Zoologen sie wieder auferstehen lassen wollten. Es sei falsch, schreibt im Jahre 1927 Lutz Heck, »daß der Auerochse ausgestorben sei. Kein Lebewesen ist ausgestorben, dessen lebendige Erbmasse noch vorhanden ist«. Lutz Heck, der Sohn des langjährigen Berliner Zoodirektors Ludwig Heck, wurde am 1. Januar 1932 auch dessen Nachfolger. Schon Mitte der zwanziger Jahre hatte er zusammen mit seinem Bruder Heinz, der von 1927 an Direktor des Münchner Tierparks Hellabrunn war, Pläne zur »Wiedererstehung des Auerochsen« geschmiedet. Damit wurden die Brüder zu Deutschlands Urpionieren.

Ihr Ansatz erscheint plausibel. Der Auerochse, erstmals vor 8000 Jahren im Vorderen Orient domestiziert, hat sein Erbmaterial in den nachgezüchteten Rassen unserer Hausrinder hinterlassen. Lutz Heck war überzeugt: »Das herrliche Wildtier lebt in den Trägern seiner Erbmasse fort.« Jetzt komme es darauf an, mit der kundigen Hand des Züchters das in verschiedenen Rinderrassen verstreute Erbgut wieder zu vereinigen. Weil der Auerochse erst im 17. Jahrhundert ausgestorben sei, habe man eine genaue Vorstellung von Aussehen, Verhalten und Lebensweise der Tiere. Damit war das Zuchtziel definiert.

Auf Korsika entdeckt Lutz Heck in einem abgelegenen Bergdorf urwüchsige Rinder, die ihm beim ersten Anblick »förmlich einen Schlag versetzen – das ist ja mein Auerochs«! Er paart die Tiere mit südfranzösischen und spanischen Kampfrindern. Bruder Heinz setzt dagegen ganz auf das ungarische Steppenrind, mischt dessen Blut mit einem podolischen Steppenstier und einer englischen Hochlandkuh. Schritt für Schritt, Jahr für Jahr, von einer Rindergeneration zur nächsten, versuchen die Brüder den Auerochsen neu zu erschaffen. Nach gut zehn Jahren stehen in den Zoos von Berlin und München Ur-ähnliche Tiere, die den Aalstrich auf dem Rücken tragen. Lutz Heck ist zufrieden: »Der Versuch ist geglückt, der Auer oder Ur ist seiner Gestalt nach wiedererstanden.«

An einem klaren Herbsttag des Jahres 1938 fahren schwere Lastwagen in die Rominter Heide nach Ostpreußen. In einem Waldstück sind 50 Hektar eingezäunt. Dicht am Tor bugsieren die Helfer riesige Kisten in Position. Dann werden sie geöffnet, und »heraus stürmen die ersten Auerochsen der Neuzeit«. Lutz Heck, wie sein Vater überzeugter Nationalsozialist, verklärt die Szenerie im Ton der Zeit: »Dicht vor uns stand der riesige Bulle, wilden Blickes und hocherhobenen Hauptes, mit drohenden Hörnern, deren Spitzen im Waldesgrün aufleuchteten.« Der »germanische« Urstier, »an Kraft dem Nashorn gleichgestellt«, werde wieder, so glaubt Heck, »in deutschen Wäldern umherziehen«. Auch in der Schorfheide bei Berlin setzt man später eine Herde aus.

Keine Frage, das alte Tier passt gut ins neue Reich. Die Nazis sind begeistert. An die Seite der verweichlichten und verwelschten, letztlich entarteten Hauskühe soll neu befruchtend das wilde Rind aus der Tiefe der germanischen Wälder treten. Pazifistische Wesensmerkmale werden »unerbittlich ausgemerzt«, das Urrind soll wieder auferstehen, rasserein und Furcht einflößend. Vor allem Luftwaffenchef und Reichsjägermeister Hermann Göring, in dessen Haus der Berliner Zoodirektor ein und aus geht, fördert die Zucht von Auerochse und Wisent.

Göring träume davon, »in den eroberten Gebieten Osteuropas eine ur-arische Wildnis zu erschaffen«, schreibt die Londoner Times. Durch diese Wildnis sollen dann, nach der Vertreibung und Vernichtung der »slawischen Untermenschen«, Auerochsen, Wisente und Wildpferde brausen. 1943, während der Krieg tobt und Europa in Trümmer sinkt, präsentiert Heck seinen Plan, nach dem Endsieg weite Naturparks einzurichten. Er will, wie er in der Zeitschrift Neues Bauerntum schreibt, das »heiß ersehnte Siedlungsgebiet« im Osten landschaftlich völlig umgestalten.

Daraus wurde bekanntlich nichts. 1945 glich der Berliner Zoo einem Trümmer- und Totenfeld. Die Berliner Linie der Heck-Rinder hatte den Krieg nicht überlebt. Die letzten Exemplare der ausgewilderten Ure soll Göring persönlich in der Schorfheide erschossen haben – damit die Tiere nicht der Roten Armee in die Hände fielen. Nur die Münchner Linie von Heinz Heck erlebte das Ende der Naziherrschaft. Doch schien das Unternehmen Auerochse fürs Erste beendet. Heinz Heck blieb zwar Direktor in Hellabrunn, Lutz Heck in Berlin aber wurde von Käthe Heinroth abgelöst. Der Versuch des Westberliner Kaufmanns Otto Radke, ihn 1949 zurückzuholen, scheiterte. »Urmacher unerwünscht«, spottete der Spiegel und zitierte bekannte Wissenschaftler, die den Zuchtexperimenten der Heck-Brüder kritisch gegenüberstanden.

So rechnete Otto Koehler, Direktor des Zoologischen Instituts der Universität Freiburg, erzürnt mit der angeblichen Erfolgsbilanz der Hecks ab: »Was bestenfalls erzielt wurde, ist eine unstabile, mehr oder weniger weitgehende äußere Ähnlichkeit mit den erstrebten Zuchtzielen.« Der Berliner Genetikprofessor Hans Nachtsheim legte nach: »Einen so heterogen zusammengesetzten Bastard als wilden Urstier zu bezeichnen, weil er in der Haarfarbe oder Hornform dem Ur ähnelt, sollte einem schon das wissenschaftliche Anstandsgefühl verbieten. Nunmehr betrachten aber offenbar die beiden Hecks ihre Zeit wieder als gekommen. Sie entfalten in Zeitschriften und illustrierten Blättern erneut eine lebhafte Propaganda für ihre Rückzüchtungen

Doch es gab auch Kollegen, die von solchen Verrissen unbeeindruckt blieben. In einigen Zoos und Wildparks wurden weiterhin Heck-Rinder der Münchner Linie gehalten und gezüchtet. Nicht nur im Westen. Denn trotz der politisch heiklen Vergangenheit des Unternehmens engagierte sich ausgerechnet der legendäre Ostberliner Tierparkdirektor Heinrich Dathe für die Tiere. Schon 1956 holte er einige Auerochsen in die Hauptstadt der DDR. Er wollte nicht nur »an den züchterischen Arbeiten teilhaben, sondern auch aus pädagogischen Gründen die stattlichen Tiere zur Schau stellen«. Die Zuchtarbeit der Heck-Brüder zählte Dathe, wie er später schrieb, zu den »bemerkenswertesten tiergärtnerischen Aktivitäten der letzten Jahrzehnte«.

Der Ur verlor allmählich seinen schlechten Ruf als »Naziochse«, wie respektlose Briten ihn getauft hatten. 1980 erhielt das Projekt noch einmal entscheidenden Aufwind. Dathe veröffentlichte das erste Internationale Zuchtbuch für Auerochsen, und in Steinberg beschloss der passionierte Auerochsen-Liebhaber Walter Frisch, in die »Abbildungszucht« des Urs einzusteigen. 1997 gründete er zusammen mit dem Wildpark Neandertal bei Düsseldorf den Verein zur Förderung der Auerochsenzucht.

Der Auerochse gilt gemeinhin als Stammvater aller heutigen Hausrinder. Und gäbe es das Ur heute noch, so wäre es mit dem Heckrind kreuzbar und die Nachkommen fruchtbar. So kann man bei dem heute lebenden Heckrind und dem ausgestorbenen Auerochsen von derselben Art sprechen.

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Körperbau und Merkmale

Obwohl sie dem ursprünglichen Auerochsen sehr gleichen, sind die Heckrinder mit einer Widerristhöhe von mindestens 160 cm bei den Stieren und 140 cm bei den Kühen bedeutend kleiner. Auch das Ausbilden eines dichten Winterfells wurde bei den Heckrindern durch Rückzüchtung erreicht. Die langen, nach vorne gebogenen Hörner sind hell gefärbt und haben eine dunkle Spitze.

Die beiden Geschlechter des Heckrindes sind aufgrund ihrer Fellfärbung leicht voneinander zu unterscheiden. Zwar haben beide Geschlechter ein weißbehaartes Maul, doch sind die Stiere prinzipiell schwarz. Sie tragen einen hellgrauen Strich auf dem Rücken (Aalstrich). Die Kühe hingegen sind schwarz bis rotbraun mit einem dunkleren rotbraunen Aalstrich. Die Kälber sind bei der Geburt braun. Während der ersten Lebensmonate färben sie sich um.

Lebensraum und Nutzung

Das Verbreitungsgebiet des Ur erstreckte sich über weite Teile Europas, Asiens und Nordafrikas.
Vermutlich zählten Flussniederungen und lichte Wälder zu seinen bevorzugten Lebensräumen.

Bis in die 1980er Jahre hinein war das Heckrind ausschließlich in deutschen Tierparks zu finden. Erst danach entdeckte man seinen Nutzen für den Bereich der Landschaftspflege. Durch sein weites, vegetarisches Nahrungsspektrum nutzt man das robuste Heckrind hauptsächlich zur Beweidung von ehemals durch den Menschen bewirtschaftete Flächen. Die erzielte Freihaltung der Landschaften und der damit einhergehende Strukturreichtum stellt somit als ökologische, extensive Grünlandbewirtschaftung eine Basis für eine vielfältige Fauna und Flora dar. Es gibt in Deutschland mittlerweile etliche Beweidungsprojekte des Naturschutzes mit Heckrindern.

Lebensweise

Heckrinder sind sehr anpassungsfähig. Ihre hohe Widerstandfähigkeit gegen Krankheiten und sehr niedrige sowie hohe Temperaturen ist jedoch nur gewährleistet, wenn schon der Nachwuchs im Freien geboren wird und somit von Anfang an den Gegebenheiten der verschiedenen Jahreszeiten ausgesetzt ist. Die Tiere sind gegenüber Hitze und Kälte sowie Krankheiten sehr widerstandsfähig und können das ganze Jahr im Freien leben. Sie entwickeln in der kalten Jahreszeit ein dichtes Unterfell, das so stark isoliert, dass Neuschnee nicht schmilzt und selbst Kälber bei minus 25 Grad nicht frieren. In der Sommerhitze verzichten sie dagegen oft auf schattige Plätze.

Nahrung

Das Heckrind ist ein anspruchsloser Vegetarier.
Die Nahrung setzt sich vor allem aus Süß- und Sauergräsern sowie Gehölzen bis etwa Daumendicke zusammen.

Bestand in Europa

Der heutige europäische Gesamtbestand des Heckrindes wird auf etwa 2.000 bis 3.000 Tiere geschätzt.

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Für mich war es äusserst interessant von dieser Rinderrasse zu erfahren. Quasi eine “lebende Ruine”, ein “historisches Tier” mit einer finsteren Vergangenheit. Wie ich zuerst glaubte, fand ich eine kleine Gruppe dieser Heckrinder. Auf den Fotos seht ihr zwei Kühe und zwei Kälber die schon ihr Winterfell tragen. Wie sich herausstellte sind dieses schwarzen Tiere mit längerem Fell eine Kreuzung aus Heckrind und Hochlandrind. Es gibt jedoch eine grössere Gruppe von “reinrassigen” Heckrindern in der auch Stiere sind. Ich bin Sternzeichen Stier und bin ganz begeistert von diesen Tieren. Auf einer Fläche von 29 ha beidseits des Johannisbaches werden ab 2010 max. 17 Tiere ganzjährig gehalten. Die Wildrinder sind gegenüber dem Menschen nicht aggressiv. Kälber werden aber vehement, besonders auch gegenüber Hunden, verteidigt.

In der ersten Galerie seht ihr die Heckrinder, in der zweiten die Heckrind/Hochlandrind-Kreuzung.

 

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